13.05.2025

Taiwan Today

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Spielzeuge und Tradition

01.05.1989
"Der Spielzeug­händler" von Su Han-ch'en aus der Sung Dynastie
Kinder haben sich über Jahrhunderte hinweg mit Spielzeugen in allen Formen und Größen und den unterschiedlichsten Lautstärkepotentialen selbst unterhalten; manchmal fast bis zur Panik ihrer Eltem. Aber in China wurde schon immer großer Wert auf Spielzeuge gelegt, die die kulturelle Tradition hervorheben. Spielende Kinder bildeten seit dem Altertum ein Hauptthema in Literatur und Malerei und viele, in klassischen Gemälden abgebildete Spielzeuge gleichen denen, die noch heute von den Kindem in der Republik China mit Vorliebe gebraucht werden.

Seit alters her waren ein großer Teil der Chinesen Bauern. Sie lebten in einer Umgebung, reich an natürlichen Ressourcen, aus denen die Kinder ihre Spielzeuge gestalten konnten. Blätter verwandelten sich in Schiffe, die furchtlos Pfützen überquerten, lange Grashalme zu ohrendurchdringenden Grillen-Pfeifchen" und Bananenblätter wurden als Augenbinden gebraucht. Zusammengebundenes Stroh konnte man in Form eines Tieres binden und aus Bambusstöcken Handwindmühlen schnitzen.

Kinder bastelten gewöhnlich ihre Spielzeuge selbst und aus dieser Form der Werkarbeiten ging eine phantasiereiche Volkskunst hervor. Doch änderte die moderne Lebensführung das Unterhaltungsangebot für Kinder grundlegend. Die "jungen Energien" wurden von kreativer Freizeitgestaltung weg, zum Erwerb von raffiniert angepriesenem und in Massenproduktion hergestelltem Plastik- und Metallspielzeug gelenkt. Eltern und Pädagogen sind von diesem Trend alles andere als angetan.

Aber es bestehen gute Aussichten für das Überleben der Tradition - auch im von Angesicht zu Angesicht geführten Kampf gegen "Transformers" und die "Herren des Universum" (Namen einiger Weltraumkrieger amerikanischer Zeichentrickfilme) - einfach schon deshalb, weil diese schon seit 5000 Jahren Vergnügen bereitenden Spielzeuge Spaß machen.

Eine alte chinesische Legende erzählt die Geschichte eines Mannes namens Liang Ping-lin, der wiederholt in den Kaiserlichen Beamtenexamina versagt hatte. Diese Prüfungen waren erforderlich, um in den Beamtenstand einzutreten, was der Schlüssel zu einem privilegierten Leben war. Niedergeschlagen, verzweifelt und sich als Opfer fühlend, ging Liang zum Tempel des Gottes Hsien Kung, Gott der Gerechtigkeit, um Beistand zu erbitten. Er verbrachte die Nacht dort, schlief schließlich ein und träumte, daß Hsien Kung zu ihm redete und versprach, daß "Ruhm und Reichtum in der Handfläche liegen".

Überzeugt, daß der Traum ein gutes Omen sei, nahm Liang nochmals an den Examen teil. Doch er versagte erneut. Deprimiert und verwirrt wanderte er auf dem Land umher und dachte über sein Schicksal nach. Nach einer Weile setzte er sich zur Rast und starrte zerstreut auf eine Gruppe Kinder, die mit einigen selbstgebastelten Handpuppen spielten. Der Anblick faszinierte ihn, und er begann genauer hinzuschauen.

Plötzlich verstand er, was der Gott der Gerechtigkeit gemeint hatte. Der frustrierte Examenskandidat verfügte aus seiner Studienzeit über ein tiefgründiges Wissen der chinesischen Klassiker. Beim Anblick der Kinder fiel ihm ein, wie er das Gelernte praktisch und gewinnbringend anwenden könne. Liang fing an, kunstreiche Puppen von Volksheroen und historischen Figuren herzustellen, die er ja zu genüge kannte. Da seine kunstvollen Puppen und seine Aufführungen große Menschenmengen anzogen, brachte ihm dies alsbald das Ansehen und den Reichtum, nach dem er sich immer gesehnt hatte, ein. Ruhm und Reichtum lagen also tatsächlich in der Handfläche.

Kinder spielen mit Marionetten; ein Gemälde aus der Sung Dynastie.

Handpuppen waren für Jahrhunderte ein dauerhafter Favorit der Kinder in China. Im Chinesischen heißt das Wort für Puppenspiel Pu tai hsi(布袋戲), was wörtlich als "Stoffsäckchentheater" übersetzt werden kann. Man nimmt an, daß die Handpuppen, wie sie für Taiwan typisch sind, ihren Ursprung in Ch'üanchou, in der Provinz Fuchien haben. Fuchien war auch der Herkunftsort des Großteils der Bevölkerung auf Taiwan. Die Kunst des Handpuppenspiels entwickelte sich hier in unterschiedlichen Linien. Im Norden, zum Beispiel, gleichen die Aufführungen dem Puppenspiel auf dem Festland, besonders der Peking-Oper, mit ihren reich bestickten Kostümen.

Um Kinder und Jugendliche zu unterhalten, werden normalerweise zwei Arten von Handpuppen verwendet: ein literarischer Typ und ein militärischer Charakter. Ein begabter Puppenspieler bringt Leben in die Klassiker, und die farbenprächtigen Aufführungen lehren ethische Werte, Mut und praktisches Wissen. Die literarische Figur singt in der Regel zarte Lieder zu einer sanften Begleitmusik. Dagegen begeistern die militärischen Charaktere die jugendlichen Zuhörer durch realistische Duells, bei denen die Gegenspieler zu den Klängen von Trommeln und Gongs umherwirbelnd und Schwerter schwingend aufeinandertreffen.

Traditionell werden die Köpfe der Puppen, die für die Bühne gemacht werden, aus Lehm geformt oder in Holz geschnitzt und die Gesichter sorgfältig bemalt. Meist repräsentieren sie einen berühmten Gott oder einen Volkshelden. Die besonders raffinierte Konstruktion der Hände ermöglicht verblüffende Geschicklichkeitsübungen, wie etwa das Trinken von Wein aus einem kleinen Gefäß oder das Schreiben mit einem Pinsel.

Wie Generationen von gereizten Eltern be tätigen können, lieben Kinder Lärm. Zwei besonders beliebte kakophonische Instrumente sind die "Schwirrglocke" und die Handtrommel. Die "Schwirrglocke" ist ein einfacher Zylinder aus Bambus oder steifem Pappkarton, mit etwa 3-4 Zentimeter Durchmesser, der an einer 25 Zentimeter langen Schnur befestigt wird, mit deren Hilfe der Zylinder in kreisförmigen Bewegungen durch die Luft geschwungen wird. Wenn der Zylinder durch die Luft wirbelt, entsteht ein lauter, summender Ton.

Die Handtrommel ist ein relativ einfache Instrument, das aus einem runden Körper besteht, dessen Seiten mit dünnem, geöltem Leder bespannt sind, welches durch Messingnägel befestigt ist. Ein Stock und zwei Schnüre, deren Enden mit Kugeln beschwert wurden, sind ebenfalls an der Trommel befestigt. Wenn der Stock zwischen den Handflächen hin und hergerollt wird, schlagen die Kugeln auf die Trommel und erzeugen einen lauten, stakkatoartigen Klang. Je schneller sich die Hände bewegen, um so lauter wird der Krach.

Auch die Handtrommeln sind zu Neujahr und zum Laternenfest besonders populär, wenn die ansonst entnervenden Trommeln als geeignete Methode erachtet werden, die bösen Geister zu erschrecken und zu verjagen. Je lauter der Krach, um so größer ist die "fröhliche Atmosphäre" an diesen Feiertagen. Ansonsten benutzen Eltern die Handtrommeln, um ihre Kinder abzulenken und altmodische Straßenhändler machen mit ihrer Hilfe die Nachbarschaft darauf aufmerksam, daß sie ihren Stand aufgeschlagen haben.

Die wohl bekannteste Kinderunterhaltung in China ist das Drachensteigen. Obwohl es meist Kinder sind, die ihre aeronautischen Meisterwerke in der Luft segeln lassen, gibt es eine Gruppe nicht weniger enthusiastischer Erwachsener, die an den Drachenspielen zur Erholung teilnehmen. Die Drachenbauer besitzen sorgfältig entworfene Papier- und Holzmodelle, die häufig schrecklichen Monstern ähneln. Oft haben diese an der Schnur strategisch plazierte Rasierklingen, die sie als Waffen in einem besonderen Kampf benutzen. Die Teilnehmer am Wettbewerb lassen ihre Drachen steigen und versuchen sie so hinzumanövrieren, daß sie die Schnur des Opponenten zerschneiden. Hohe Wetten werden zusätzlich als Anreiz für das Spiel abgeschlossen. In ganz China nehmen Jung und Alt an den Wettkämpfen teil, während sich die Wetten auf die Erwachsenen beschränken. Der "Doppelneunte" (am neunten Tag des neunten Monats im Mondkalender), ein Feiertag der von ostchinesischen ethnischen Gruppe der Yüeh(粵)begangen wird, dreht sich um den Drachen. Es heißt, daß an diesem Feiertag Unglück abgewendet wird. Er findet zur Erntezeit statt, ein Zeitabschnitt von dem allgemein geglaubt wird, daß er von Krankheit und bösen Geistern heimgesucht wird.

Der Doppelneunte leitet sich von einer Legende aus der Han Zeit (206-220 n.Chr.) ab, die von einem Bauern Namens Huan Ching und seinen Freund Fei Chang-fang, einem Magier, handelt. Der Magier erzählte Huan, daß er in einer Vision gesehen habe, daß Huans Familie während der bevorstehenden Erntesaison in größter Gefahr sei. Doch hätte er auch einen Weg aus der Gefahr erkennen können. Fei hieß Huan und seine Familie auf einen hohen Berg zu fliehen, wo der Bauer als dann ein Getränk aus Wein und Chrysanthemenblättern trinken sollte. Huan gehorchte und rettete dadurch seine Familie und sich selbst.

Im Andenken an Huan Ching, pilgern die Yüeh traditionsgemäß auf nahegelegene Berggipfel, um dort das Unglück abzuwehren. Der Genuß von Reiswein, gemischt mit Blüten von Chrysanthemen und anderen Blumen ist ein willkommener Brauch. Die Familien begleiten gewöhnlich die Männer, und die Kinder nehmen die Gelegenheit wahr, um ihre Drachen im herbstlichen Wind steigen zu lassen.

Traditionell waren die Drachen am Doppelneunten aus Seide und Papier hergestellt und sie wurden als Fische, Vögel, Fledermäuse oder Insekten gestaltet, sprich als Tiere, die eine glücksbringende Bedeutung hatten. Einige Drachen wurden mit Knallkörpern umrandet, die mit einer vom Drachen herabhängenden Zündschnur gezündet wurden. Die Zuschauer warteten, ob die Lunte tatsächlich bis zum Drachen brennen würde. Im Falle des Erfolgs rief der Widerhall der Explosion begeisterte Zurufe hervor.

Über die Jahrhunderte wurde die Kombination von Opfertrunk und windgetragener Erholung am Festival des Doppelneunten zu einem Galaereignis, an dem heute nicht nur die Kinder, sondern auch Mütter und enthusiastische Väter über Steine und Büsche laufen und hinter sich an einer Leine Monstren und bunte Rieseninsekten ziehen, die hoch in der Luft hin und herschwingen.

Ein anderes, auch vom Wind abhängiges Spielzeug ist die Handwindmühle Feng Ch'e(風車). Sie ist im Prinzip ein leichter Propeller, der auf das Ende eines Stöckchens montiert wurde und denen ähnelt, wie sie im Westen auf Jahrmärkten oder in Erholungsgebieten am Meer zu finden sind. Die Volkskunde weist ihre Erfindung Mo Ti(墨翟)zu, einem berühmten Philosophen zur Zeit der Streitenden Reiche (475-221 v.Chr.). Seine Ausführung war gänzlich aus Holz gemacht, während heute das Spielzeug im allgemeinen aus Bambus, Plastik oder Papier besteht. Bei einer leichten Brise dreht es sich von alleine.

Eine Variation der Handwindmühle ist ein einzelnes Propellerblatt, das in einem Bogen von mehreren Metern durch die Luft gewirbelt werden kann. Dieses Propellerblatt ähnelt einem großen Ahornsamen, in den ein Loch gebohrt wird, das gerade groß genug ist, um ein kleines Stöckchen unterzubringen. Man steckt das Stöckchen in die Öffnung und einige geschickte Schwünge lassen den Propeller sich drehend wegfliegen.

Ausdauerprüfung - den Federball in der Luft zu halten, ist keine leichte Aufgabe.

Während der Han Dynastie erfanden die Damen des Kaiserlichen Palastes eine ganze Reihe von Spielen, um sich die Zeit zu vertreiben. Eines davon war der Federball, Chien Tzu(毽子), wobei es darum ging, den Federball mit Beinen und Füßen unentwegt nach oben zu kicken. Der Federball ist ein rundes, flaches Gewicht, wie etwa eine Münze oder ein Stein, das in Leder oder Stoff eingewickelt und an einem leichtgewichtigen Schlauch befestigt wird. In das offene Ende des Schlauches werden einige Hühnerfedern gesteckt.

Die kaiserlichen Damen versuchten den Federball möglichst lange hochzukicken, ohne daß er den Boden berührte - dies war sicherlich kein Spiel fur Kurzatmige. Dabei durfte man nur mit Rist, Zehen, Knöchel oder Knie den Ball in der Luft halten. Nicht erlaubt waren die Hände. Wenn der Ball auf den Boden auftraf, war das Spiel beendet. Das Spiel wird heute noch genauso wie in der Vergangenheit gespielt und wenn erst einmal die grundlegenden Techniken beherrscht werden, sind komplexere Variationen, wie das gegenseitige Zuspielen von Spieler zu Spieler möglich.

Kunstwerke datieren einen anderen weniger energieaufwendigen in Hofkreisen beliebten Sport bis in die Sung Zeit (960-1279) zurück: Tuo Lo(陀螺), der Kreisel. Der Zeitvertreib begeisterte Erwachsene wie Kinder, und Kreiselwettkämpfe zogen große Menschenmengen an, um zu sehen, wer am geschicktesten den spitz nach unten zulaufenden Kreisel in Rotation versetzen konnte. Von der Ming Zeit (1368-1644) ausgehend, sind auf zahlreichen Gemälden Personengruppen in Tempelhöfen abgebildet, die Kreiselwettbewerbe veranstalten.

Kreisel sind manchmal recht monumentale Spielzeuge, von denen einige bis zu 70 Kilo wiegen. Die Sportart mit diesen riesigen Kreiseln ist ein ernsthaftes Anliegen für viele Erwachsene, die in ihrer Jugend mit kleineren Modellen geübt hatten. Durch Wetten kann sich die Atmosphäre leicht zuspitzen, wobei die Zeitdauer, die der Kreisel sich dreht, bewertet wird.

Die Kreisel werden mit einem Stück Faden oder Schnur, das um den unteren Teil gewickelt wird, in eine Drehbewegung versetzt. Jedes Jahr kommen Wettkämpfer aus allen Teilen des Landes, um an den nationalen Wettbewerben teilzunehmen, die an verschiedenen Orten in der Republik China abgehalten werden. Obwohl die Vorführungen am Kaiserlichen Hof der Vergangenheit angehören, entwickelt sich das Kreiseln zu einer immer populäreren und zunehmend ernsthaften Betätigung.

Laternen gehören vielleicht nicht zu Spielzeugen, wenn man von dem Begriff Spiel im Sinne von aktiver Betätigung ausgeht, nichts desto trotz erfreuen sie Kinder. Während zahlreicher Feiertage tragen sowohl Erwachsene als auch Kinder nach traditionellen Mustern geformte Lampions. In taoistischen Ritualen werden Laternen benutzt, auf denen die Acht Unsterblichen oder die Generäle des Himmels abgebildet sind. Bei der Ahnenverehrung wird mit Later nen den toten Verwandten Ehrerbietung erwiesen.

Eine jahreszeitliche Erholungsmöglichkeit ist das Basteln von Lampions für das Laternenfest, das 15 Tage nach dem Chinesischen Neujahr stattfindet. Die Chinesen halten traditionell dieses Fest ab, um dem Rest des Jahres Glück zu bringen. Das Entzünden der Laternen signalisiert Hoffnung und Erneuerung. Eine alte Besonderheit des Festivals ist ein Wettbewerb zwischen den Familien, um festzustellen, wer die besten und schönsten Laternen herstellen kann. Wenn man den Wettbewerb gewinnt, hebt das den Familienstolz und sorgt für einen glückbringenden Beginn des neuen Jahres.

Die Kinder helfen die Laternen zu basteln, wobei Seide oder Papier auf einen Bambusrahmen geklebt werden. Das Innere wird mit einer Kerze oder einer kleinen Lampe erleuchtet. Obwohl die kunstvollen Tempellaternen noch immer eine offene Flamme enthalten, tragen die Kinder in den Städten sicherere, elektrisch beleuchtete Laternen aus Plastik. Weniger kreativ als die traditionellen Versionen, tragen die modernen, in Massenproduktion hergestellten Laternen Designs, die wohl eher für "Fernsehfans", als für Anbeter alter Gottheiten einen Anreiz bieten. Straßenhändler verkaufen den Kindern fliegende Untertassen, bunt gemischte, hochtechnologische Wunderwerke in leuchtendem rosa, grün oder orange. Auch Zeichentrickhelden reihen sich in die Parade ein.

Laternen dienen nicht nur dazu, Kinder zu unterhalten, sie helfen auch sie in die Welt zu bringen. Gemäß einer in Fuchou populären Tradition, sollte, wenn eine junge Frau nicht in der Lage war, im vorhergehenden Jahr einen Sohn zu gebären, ihre Verwandten ihr Laternen mit dem Antlitz Kuan Yins, der Göttin der Gnade, schenken. Auf der Laterne steht geschrieben: "Möge Kuan Yin dir einen Sohn geben." Dieses Geschenk wird zwischen dem fünften und vierzehnten Tag des ersten Monats im Mondkalender, kurz vor dem Laternenfest übergeben.

Was auf den ersten Blick in chinesischen Häusern oder Tempeln als kunstvolle Puppen erscheint, sind oft Skulpturen aus gehärtetem Reisteig. Diese Figuren porträtieren eine reiche Palette an kulturellen Motiven, wie etwa dicke Babies und Eltern (ein Symbol für Wohlstand), legendäre Helden, Götter und Tiere. Das berühmte Gemälde "Eine Stadt in China", das von dem in die Nördliche Sung Zeit zu datierenden Künstler Chang Tse-tuan(張擇端)gemalt wurde, beschreibt das tägliche Leben entlang des Pien Flusses und in der Stadt Pienching, dem heutigen K'aifeng. Händler verkaufen ihre Waren, Kinder spielen, Bauern bieten Reis an und Frauen feilschen über den Gemüsepreis. In einer anderen Ecke des Gemäldes ist ein Mann damit beschäftigt, vor den Augen neugieriger Kinder kleine Figürchen aus Reisteig zu modellieren.

Spielzeuge. Ein Ausschnitt aus dem sungzeitlichen Gemälde "Hundert Kinder".

Changs Gemälde belegt, daß die Kunst der Reisskulptur weit bis in die Nördliche Sung Zeit (960-1127) reicht, was bezeugt, daß diese Technik in China vielleicht schon mehr als tausend Jahre bekannt war. Farbenprächtig, detailliert aber ungenießbar, dienen die Puppen aus Reisteig sowohl als Spielzeug als auch Opfer für die Ahnenverehrung. Der Teig ist eine spezielle Kombination aus Mehl, klebrigem Reis, Wasser und verschiedenen Konservierungsmitteln wie etwa Bananenöl oder Zucker. Auch Farbe wird oft hinzugefügt. Die Figuren werden zuerst in eine Rohform modelliert und auf einem hölzernen Stöckchen befestigt. Nach dem Trocknen werden die Details herausgearbeitet.

Traditionalisten werden vielleicht in einigen Bereichen vom Anblick ihrer Plastiklaternen in Form von ultramodernen Raumschiffen oder Fernsehhalbgöttern tragenden Zöglinge geplagt, doch bleibt der kreative Tatendrang unter den Kindern ungehindert stark, wie bewiesen wird, wenn Lehrer, Künstler oder Freizeitgestalter Anregungen geben. Vielleicht lächeln auch die alten Götter, wenn sie ihre jüngsten Abbildungen erblicken. Sie wurden nicht vergessen, nur in neue Form gebracht und an den neuesten Stand angepaßt.

(Deutsch von Markus Fürst)

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